„Ohne Uni fehlt der Region die Basis.“

01.03.2022|08:40 Uhr

Ein facettenreiches Kooperationsangebot mit vielen gemeinsamen Aktivitäten zu Innovations- und Technologiethemen verbindet die Universität und die Bergische Industrie- und Handelskammer (IHK). Ein Interview mit IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Wenge, der unter anderem Mitglied im Regionalbeirat der Bergischen Uni und Lehrbeauftragter an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft – Schumpeter School of Business and Economics ist.

Michael Wenge feiert 2022 sein ganz persönliches Jubiläum: Der gebürtige Kölner ist seit 20 Jahren Hauptgeschäftsführer der Bergischen Industrie und Handelskammer. // Foto Sebastian Jarych

Hallo Herr Wenge, die Bergische Uni feiert runden Geburtstag! Was wünscht man seiner engen Kooperationspartnerin zum 50.?
Ein langes Leben, Gesundheit, viel Kraft und Stärke. Übersetzt heißt das: mehr Studierende, ohne aus allen Nähten zu platzen, erfolgreiche Fakultäten, dass die Vernetzung der Uni ins Bergische weiter voranschreitet, und aus Sicht der Wirtschaft der praktische Wert von Forschung und Lehre immer besser wird.

Sie sind seit 2002 Hauptgeschäftsführer der Bergischen IHK Wuppertal -Solingen -Remscheid und auf verschiedene Weise ein langjähriger Gefährte sowie Beobachter der Universität. Wie hat sich die Hochschule über die letzten 20 Jahre in Ihren Augen entwickelt?
Zusammengefasst: sehr, sehr positiv. Dafür gibt es mehrere Ansatzpunkte. Einer ist natürlich in nackten Zahlen zu messen: Als ich anfing hatte die Uni 15.000 Studie rende, jetzt sind es 23.000. Es gab damals eine Schlagzeile in der Westdeutschen Zeitung, die lautete „Ronge allein auf dem Berg". Das ist heute keinesfalls mehr so und das hat sehr viel auch mit dem sehr geschätzten Rektor Lambert Koch zu tun, der leider Ende 2022 aufhört. Aber es ist gelungen, diese Uni deutlich stärker in Berg und Tal zu vernetzen und gleichzeitig – das, was auch Alt Rektor Volker Ronge gut gemacht hat – die internationale Reputation nicht zu schwächen. Dieser Spagat ist wichtig: sowohl in der Region verankert zu sein, als auch sich international einen Ruf zu erarbeiten.

2008 unterzeichneten die Bergische IHK und die Bergische Universität einen Rahmenkooperationsvertrag. Was macht die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft lohnenswert?
Zunächst einmal ist es etwas, das nach oben hin immer offen ist: Das Bessere ist der Feind des Guten. Danach streben beide Seiten, sodass es in unserem Fall auch eine gelebte Kooperationsvereinbarung ist. Nur ein Bei spiel ist das Programm der Exkursionswochen, bei dem der akademische Nachwuchs zahlreich und mit unserer Unterstützung in die Firmen der Region fährt. Darüber hinaus haben wir eine Reihe von praxisorientierten Veranstaltungen, die wir gemeinsam durchführen. In diesem Zusammenhang ist das Engagement von Prorektorin Anke Kahl zu nennen, die sich auch persönlich sehr gekümmert hat. Es geht darum, die Anwendbarkeit der Forschung in der lokalen Wirtschaft zu implementieren. Das ist ein Prozess, der nie aufhört.

Welche Ziele liegen Ihnen besonders am Herzen und zu welchen Erfolgen führen die gemeinsamen Formate hier direkt vor Ort?
Da gibt es ganz viele Ziele. Ein sehr wichtiges ist natürlich grundsätzlich, die Absolventinnen und Absolventen in der Region zu halten. Das heißt, die an der Universität ausgebildeten, exzellenten Fachkräfte hier in den Be trieben weiter zu beschäftigen. Ein zweites umfasst die Drittmittelgewinnung in Kooperation mit der Wirtschaft und da ist die Bergische Uni ganz hervorragend aufgestellt. Gemeinhin vergleicht man die RWTH Aachen mit Bayern München, aber Wuppertal ist ebenfalls in der ersten Liga unterwegs. Das können wir auch messen, anhand der Fördermittel, die pro Kopf in der Region Bergisches Städtedreieck akquiriert werden. Landesweit sind wir auf Platz zwei, über viele Jahre hinweg – vor dem Münsterland, vor dem Ruhrgebiet. Die Bergische Universität hat daran einen großen Anteil.

Wo in der Zusammenarbeit schlummern Ihrer Meinung nach noch unausgeschöpfte Potenziale?
Die sehe ich zum Beispiel im Ausbau von Stiftungslehrstühlen und der Bindung nach Solingen und Remscheid. Und fortlaufend darin, dass es immer mehr Win Win Situationen gibt, in denen Firmen direkt mit der Uni kooperieren, um so – zu beiderseitigem Nutzen – konkrete Forschungsprojekte voranzubringen.

Megatrends wie Globalisierung, Mobilität oder New Work haben Einfuss auf die Entwicklung von Unternehmen und Gesellschaft. Was ist Ihre Vision für die Bergische Region?
Hier in der Region stehen wir für einen zukunftsorientierten Strukturwandel mit Verknüpfung von Tradition und Innovation. NRW Wirtschaftsminister Andreas Pink wart attestierte uns in der Vergangenheit bereits, dass wir eine Top Innovationsregion sind. Meine Vision ist, dass wir diesen Prozess – begleitet von den vielzitierten Entwicklungen der Digitalisierung – fortführen und Uni und Wirtschaft darin stark vernetzt sind. Eine meiner Hoffnungen ist, dass die Bergische Universität irgend wann einmal zur Exzellenzuni wird.

Zum Abschluss noch ein kleines Gedankenspiel. Wie würden Sie den Satz vervollständigen: Das Bergische Städtedreieck ohne die Universität, das wäre wie…?
Ein Hochhaus ohne Keller – weil der Region ohne die Uni die Basis fehlen würde.

Dieser Beitrag ist dem Magazin zum Jubiläum der Bergischen Universität entnommen (S. 44/45). Die gesamte Ausgabe finden Sie hier.

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